Sonntag, 15. April 2018

Saitentest auf der Flamencogitarre (Teil 1)


Optima-Saiten


Seit über ca. 35 Jahren spiele ich Luthier-Saiten. Nicht weil sie Paco de Lucía (siehe Anekdote auf Flamenco-Gitarre.de unten) spielte, sondern weil sie einfach auf meinen Flamencogitarren gut klingen. Zuvor spielte ich Savarez Rot mit LaBella Rot im Diskant. Die Luthier hielten aber einfach 3-4 mal länger.

Letztes Jahr wurde ich auf die deutsche Saitenmarke Optima aufmerksam gemacht. Kurze Zeit später lernte ich den Inhaber der bayerischen Saitenspinnerei auf dem Mannheimer Guitar Summit kennen, der mir dann sein komplettes Nylonsaiten-Sortiment zukommen ließ.

Optima Saitensortiment
Früher machte mir eine hohe Saitenspannung (Tension) nichts aus. Im Gegenteil, um neue Gitarren einzuspielen, verwendete ich immer die härtesten Saiten. Heute, nach einer über zehnjährigen Musiker-Zwangspause, aber auch wegen der 66½-Mensur meiner Conde, kann ich leider nur noch Saiten mit sehr geringer Spannung (Low Tension) spielen.

Nun lagen Saiten in allen möglichen Konstellationen vor mir, in allen Stärken, in Bronze, Silber, Gold, in Kombination mit Clear Nylon und Natural Carbon. Mit irgendeiner musste ich ja wohl beginnen. Spaßeshalber zog ich als erstes die Bronze-Saiten auf meine Ramirez auf, da ich schon seit Jahrzehnten keine Bronze-Saiten mehr spielte. Ich war sehr überrascht, welche eigenwilligen, aber angenehmen Ton diese Saiten haben. Ein bisschen in Richtung dem Klang einer Flamenco-Zeder-Decke. Seltsamerweise bemerkte ich weder die Medium-Spannung, noch eine für mich anderweitig erschwerende Bespielbarkeit. Erst im Online-Shop erfuhr ich, dass es sich hier um eine sehr preisgünstige Saite handelt. Ich war gespannt: Wenn die untere, bzw. Mittelpreisklasse schon so klingt, wie klingt dann wohl die Oberklasse?


Optima No.6


Nun zog ich auf meine Conde die Oberklasse, also die No.6 Medium Tension auf.





Technisches und Haptik

Schon beim ersten Saitenkontakt musste ich feststellen, dass der Zug doch zu hoch ist. Im Laufe der Zeit bekommt man ein Gefühl dafür wie hoch der Saitenzug ist, in dem man die Saiten über dem Schallloch zusammendrückt. Bei mir gilt, schaffe ich es nicht, dass sich Finger und Daumen berühren, ist das nix für mich. Dies bestätigte sich auch nach den ersten paar Akkorden.
Saitenspannung testen.
Also wieder runter und die No.6 Low Tension, die ich nur als Bass-Satz vorliegen hatte, drauf. Den Diskant ließ ich drauf, da es keine Low-Tension-Ausführung gibt, bzw. ich nicht zur Verfügung hatte. Diese Kombination war nun etwas ungewohnt, aber spielbar. Grundsätzlich sind neue Saiten auf dem Instrument immer unangenehm. Ein gute Saite klingt nach ca. 10 Stunden Spielzeit am besten.
Die d4 entspricht im Querschnitt ungefähr der d4-Luthier-20. Die A5 und E6 sind etwas stärker. Die Silberdraht-Umwicklung kommt mir bei der Optima-Saite etwas feiner vor, wobei sie insgesamt etwas steifer sind, was wohl mein Empfinden erklärt, dass der Zug eben doch höher ist (?). Will heißen - sie sind für mich nicht ganz so kommod zu spielen wie die von mir gewohnten Luthier 20. Anfangs dachte ich noch, dass ich mich wohl daran gewöhnen könnte. Wenige Tage später spielte ich ein Konzert mit den Neuen, was man eigentlich nicht machen sollte, aber es lief einigermaßen. Im Laufe der Tage bildete sich die Hornhaut, die man als Flamencogitarrist eh hat, an der Anschlagshand etwas mehr aus. Vor allem am Daumen, was mich jetzt, auch noch nach 4 Wochen, ziemlich stört. Ob dies die doch etwas höhere Spannung oder die Saiten-Oberfläche bewirkt, kann ich nicht beurteilen. Nun hat mir aber der Hersteller versprochen, einen speziellen Satz für mich zu entwickeln, der meinen Wünschen und Spielgepflogenheiten entspricht. Da bin ich mal sehr gespannt.

Klang

Der No.6-Satz klingt sehr gut (höre Video unten). Die Bässe sind voll und schlagen kaum auf den Bünden an. Die Spritzigkeit könnte noch etwas besser sein. Aber das ist eben immer die Ambivalenz zwischen Masse in Bewegung zu setzen (Attack) und voller Klang und/oder Sustain. Sustain brauchen wir eher nicht auf der Flamencogitarre, aber einen Wums sollte die Saite doch haben. Die Diskantsaiten sind etwas topfiger, aber die g-Saite klingt sehr gut und erzeugt eben auch den unverkennbaren g-Saiten-Sound einer Conde. Der Optima-Chef empfahl mir doch mal die Carbon-Saiten aufzuziehen. Ich muss zugeben, seit die Carbon-Saiten auf den Markt kamen und ich damals den ersten Testsatz aufzog, war für mich sofort klar, das ich so „modernen Zeugs“ nicht brauche. Die Saiten waren mir einfach zu dünn und vor allem beim Picado fiel ich ständig durch. Nun steht die Entwicklung auch hier nicht still. Ich zog sehr skeptisch die Optima Natural Carbon Low Tension auf und war doch sehr angenehm überrascht. Der Zug ist sehr moderat. Entscheidend ist aber, dass sie sich in der Stärke zu normalen Nylon-Saiten nicht unterscheiden. Der Ton ist aber ein bisschen brillanter, ja giftiger wie bei normalen Clear-Nylon-Saiten. Man gewöhnt sich schnell daran, wobei der typische Conde-Sound der g-Saite nicht mehr so prägnant ist.

Bei der Video-Aufnahme waren die Optima No.6 Clear Nylon  gerade mal drei Tage alt. Also noch nicht in ihrer vollen Entfaltung.





Jetzt - vier Wochen später fiel die Klangqualität in keiner Weise ab. Wobei mir der Klang älterer Saiten eh schon immer besser gefiel.

Nun bin ich mal gespannt, was ich in den nächsten Tagen erhalte und berichte dann wieder.

⇨ Fortsetzung folgt.
Update: April 2019:

Eine Entzündung dieser Art am Daumen hatte ich noch nie. Als Flamencogitarrist kennt man ja das Problem der Blasenbildung bei lang andauernden Alzapúa-Übungen. Das ist bei mir aber lange her, da sich schon vor Jahrzehnten soviel Hornhaut an meinem Daumen gebildet hat, die eine Blasenbildung verhindert. Es sei denn man spielt längere Zeit nicht, dann bildet sich die Hornhaut wieder zurück.
Seit Jahrzehnten spiele ich LUTHIER-Saiten. Nicht nur wegen des Klangs, oder der Haltbarkeit, sondern auch wegen der Haptik. Dafür ist, speziell bei den Basssaiten die Umspinnung entscheidend. Ein runder, ovaler, flacher, oder gar ein dicker Draht, mit dem die Seele (Kern) der Saite umwickelt ist, ist entscheidend für das Empfinden des Spielers. Ich denke, dass dies mein Problem ist bei den Saiten, die ich momentan teste. Manchmal ist auch die Legierung des Drahtes ausschlaggebend, was ich aber in dem Fall nicht vermute, da ich es dann an allen Finger haben müsste. Jetzt hab ich wieder die Luthier drauf und kann nach Zwangspause und ein paar Tagen Pflege, Daumen mehrmals am Tag eine halbe Stunde in eine aufgeschnittene Zitrone stecken und nachts Ichtholan-Salbe drauf, wieder weiter üben. 

Grobe Umwicklung
Dies teile ich dem Hersteller mit. Leider erhielt ich nie eine Antwort. Naja - war wohl nix!



1 Kommentar:

  1. Schade, dass es keine Hörverleih gibt. Mich würde mal wirklich der Unterschied verschiedener Saiten, auf derselben Gitarre, vom selben Spieler interessieren.

    Grüße aus der Pfalz - H.Köhlert

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