„Diego El Cigala ist einer der besten Flamenco-Aficionados unserer Zeit“.
So wird die Konzert-Ankündigung im Theaterhaus Stuttgart eingeleitet (aficionado = Liebhaber). Man stelle sich vor, Plácido Domingo wird als bester Opern-Liebhaber, oder Rod Steward als bester Rockmusik-Liebhaber angekündigt. Diese dilettantische Art, einen ganz großen der aktuellen Flamencoszene zu präsentieren, zieht sich wie ein roten Faden durch den Ankündigungstext. So auch die Bezeichnung Roma-Sänger - erkläre mal einem Gitano aus Triana, oder Dos Hermanos, dass er nun Roma*) ist, bzw genannt wird. Weiter im Text „[…] kubanischen Bolero, heißblütigen Tango, weichen Bossa Nova und afrikanische Elemente“ lässt erahnen, dass der Verfasser auch Wikipedia ignoriert - sind doch die afrikanischen Elemente in allen aufgezählten Musikgenres enthalten. Die Ignoranz/Arroganz gipfelt dann darin, dass kein Mitmusiker genannt wird. Flamenco-Sänger treten in der Regel zumindest mit einem Gitarristen auf. Nicht mal der wird genannt. Wenn man sich nun wirklich dafür interessiert, kann man bei etwas tieferer Recherche Information über ein Konzert in Amsterdam finden, wo El Cigala jüngst mit Diego Del Morao (Gitarre), Jaime Calabuch (Piano), Yelsy Heredia (Kontrabass) und Isidro Suárez (Percusión) auftrat. Kann aber auch sein, was ich mir aber nun gar nicht vorstellen kann, dass der auf dem Video (siehe Ankündigung) mitwirkende Bandoneonista Néstor Marconi, und/oder das im Hintergrund tanzende Tango-Paar dabei ist. Wird dies dem Publikum „nur“ durch den Clip suggeriert, dürfte die Enttäuschung hinterher wohl groß sein. Lassen wir uns mal überraschen! Ich musste mir schon viele unqualifizierte, ja bösartige Kommentare über Flamenco-Sänger anhören und kann mir nicht vorstellen, das für die Stuttgarter Theater(haus)-Haute-Volée plötzlich Cante Flamenco en vogue ist. Wäre dem so, würde es mich freuen.Auch der Artikel in unserem heutigen Sonntagsblättle bläst in dasselbe Rohr. Zuerst wird der Text aus Wikipedia (Roma-Sänger) umschrieben, weiter unten, wenn es um die Entstehung des Flamenco geht, sind es dann wieder die Gitanos (Zigeuner). In Spanien gibt’s dafür ein Sprüchlein: “Oír campanas y no saber dónde”.
Trotzdem möchte ich diese Veranstaltung hier ankündigen und allen Veranstaltern, vor allem dem fantastischen Künstler ein volles Haus wünschen. Es wäre zu schön, käme der Cante mal ein bisschen öfter in deutsche Konzertsäle.
15.02.13 Stuttgart, Theaterhaus
17.02.13 Mainz, Frankfurter Hof
18.02.13 Bremen, Glocke
19.02.13 Hamburg, Laeiszhalle
Anmerkung: Der Ankündigungstext wird in Regel vom Veranstalter übernommen, wie er von der Agentur, bzw. dem Management bereitgestellt. Das Theaterhaus Stuttgart ist ein absolut seriöses Haus, was die Ankündigung und Durchführung von Veranstaltungen betrifft. Zudem kenne und schätze die Arbeit meines alten Freundes, dem Theaterhausleiter Werner Schretzmeier, zu sehr, um da irgendwas zu unterstellen.
*)Zitat aus meinen Büchern Gipsy Guitar (1999 Schott Mainz) und Flamenco-Gitarrenschule Band 2 (1994 Schott Mainz):
Roma = Zigeuner mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit; Sinti = deutschstämmige Zigeuner. Roma ist aber in manchen Ländern die Bezeichnung eines einzelnen Stammes. Alle Bezeichnungen in ganz Europa, sowie auf dem Balkan sind dem Namen „Cigani“ (slawisch) ähnlich: Zingari (italienisch), Gitanes (französisch) Çingeneler (türkisch), Cingarus (lateinisch), Gipsy (englisch) und führen direkt, oder indirekt immer wieder auf das Wort „Ägytper“ = egipciano). Dies ist darauf zurückzuführen, daß die Zigeuner sich Ägypter nannten, bzw. behaupteten, sie wären Pilger aus klein-Ägypten, wobei allerdings bisher ungeklärt ist, was sie damit meinten.
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